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6. TIER & TOTEM


Kluge Zucht und Dressur, Hege und Pflege haben dem Hirten das Tier zum wertvollen Schatz herangezogen. Ohne Nutztier bleibt die Weide voller Gras. Mit und durch das Tier kommt Milch und Rahm, Fleisch und Schmalz in Küche und Kessel - türmen sich Käseleiber und rollen in den Export. Bringen Verdienst und bescheidenen Wohlstand. 

Das Tier wird aber auch zum Kult, zur Leitfigur, zum Amulett und endlich zum Totem. Dadurch, daß der Mensch Horn, Klaue und Kralle, Fell und Knochen nicht nur zum Werkstoff macht, sondern auch zur Beschwörung und als Wächter auf sich trägt, über seine Türen nagelt, will er sich die Kraft des Tieres und seiner Waffen nutzbar machen. Zahlreich sind die Zeugnisse dieser Transportation von Tierkraft in die menschliche Sphäre im gesamten Alpenraum.

 

Stier


19.XII.04, Eisen & Baumpilz, H53cm, B23cm

Ueli Dubs

 

Erbarmen mit der Kuh

Japaner können nicht nur komisch, sondern auch voller Mitleid sein. Da sah ein japanischer Tourist im Berner Oberland ein paar Kühe nackt im kalten Schnee und am Bergabhang stehen. Er erbarmte sich ihrer und fragte, warum man ihnen keine Kleider gebe. Entweder verstanden die Leute seine Sprache nicht oder sie glaubten, er mache Witze, falls er nicht spinne. Wohl aus Anstand schüttelte man bloss den Kopf und murmelte: "Es ist nicht nötig". Der Japaner war sehr enttäuscht über die Herzlosigkeit der Berner Oberländer Bauern.

Als er heimkam, nahm  er diese Sache mit den Kühen an die Hand. Er wandte sich an Professor Mosaku Sakurai, der bereits Sakkos für japanische Kühe geschaffen hatte. Der 61jährige Wissenschaftler hatte bloss eine Schwierigkeit, denn als Wissenschaftler wusste er, dass Schweizer Kühe eine andere Grösse als die japanischen haben. Er liess daher eine Mess-Mission ausschicken.

Später kam der Professor aufgrund der wissenschaftlichen Erhebungen auf die Idee, dass Kuh-Kleidung für die Berner dreiteilig sein müsste, um den Schwierigkeiten mit der Grösse zu entgehen. Die drei Teile sollten je einer für den Kopf, den Rücken und den Unterleib sein. Auf solch solider Grundlage erhoffte er, Kuhkleidung nach Mass massenweise herzustellen.

In Japan fand die Idee einen Markt. Von der Schweiz hat der Professor bis heute nichts gehört. Desinteresse oder Sprachlosigkeit? Eine weitere Mission soll demnächst ausgesandt werden, um mögliches Bekleidungsmarketing im Dienste frierender Kühe zu prüfen.

* * *
Al Imfeld

 

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